Boomer versus Zoomer?

Ein kritischer & frischer Blick auf die aktuelle Generationsdebatte

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In Auswahlverfahren öffentlicher Häuser, die ich als externe Personalberaterin begleite, oder in meinen Seminaren zu Recruiting & Personalauswahl ist das Verhalten der „Generation Z“ aktuell Dauerthema. Es herrscht viel Frust bei Personaler*innen und Führungskräften über Phänomene wie „Job-Ghosting“ (Bewerbende kommen trotz Termin & Zusage nicht zu Vorstellungsgesprächen), sog. One-Klick-Bewerbungen und eine hohe Frühfluktuation (Bewerbende kündigen schon nach wenigen Wochen während des Onboardings). Viele öffentliche Arbeitgeber drehen mittlerweile mehrere Runden, bis endlich eine vakante Stelle besetzt ist.

Angeheizt wird diese Generations-Debatte durch eine Flut von Fachartikeln, Studien und Büchern auf dem HR-Markt zu Analysen der Generation Z (# „Wie tickt die Generation Z“?).

Leider führen diese Studien nicht nur zu wichtigen Erkenntnissen, sondern auch zu einem zunehmend festen Kanon negativer stereotyper Zuschreibungen über die GenZler (wie z. B. sie seien anspruchsvoll, verwöhnt, fordernd u. ä.), die kaum noch hinterfragt werden. Die „Digital Natives 2.0“ gelten zudem als wechselfreudig, wenig loyal gegenüber Arbeitgebern, hätten keine Lust auf Führung und möchten viel Freizeit (4-Tage-Woche).

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Quelle: Recruiting: Trends Generation X, Y, Z und Alpha - Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz (valutegra.de)

Natürlich hilft der Generationsblick, sich die vielen Veränderungen bewusst zu machen, die wir in den letzten Jahrzehnten im Arbeits- und Privatleben durchlaufen haben. Das Tempo elementarer Veränderungen wird zunehmend höher und komplexer – für alle Generationen.

Aber es gibt keine einfachen oder schnellen Lösungen für komplexe Herausforderungen. Change-Prozesse lösen Ängste und Überforderung aus und wir gehen leichter damit um, wenn wir Ursachen oder Schuldige finden. Kein guter Weg ist allerdings, die Generation Z als Projektionsfläche für Zukunftssorgen zu nutzen. Generationsmodelle können den Blick schärfen, aber auch zu Stereotypen und Abgrenzung führen.

Gesellschaftlich ist das bereits passiert, wenn zunehmend von dem Kampf „Boomer versus Zoomer“ die Rede ist.

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Dabei geht schnell unter, dass alle Generationen ähnliche Wünsche bezogen auf Arbeitszufriedenheit und Work-Live-Balance haben. Zugleich werden die mittleren Generationen X & Y vergessen, die in den nächsten Jahren die Hauptlast tragen und besonders im öffentlichen Dienst dringend das Fach- und Wissensmanagement sichern müssten, da zunehmend die Baby-Boomer früher in Rente gehen.

Wechselbereitschaft der mittleren Generationen

Aktuelle Studien zeigen, wie hoch die Wechselbereitschaft dieser mittleren Generationen ist, die eigentlich bisher immer als sehr stabil und loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber eingeschätzt wurde:

Langzeitstudie von onlyfy by XING: Die Wechselbereitschaft der Beschäftigten ist weiterhin auf einem hohen Niveau | New Work SE (new-work.se)

Besonders spannend ist auch der Blick auf die Generation X in einer neuen Studie (Oktober 2023), die immerhin prozentual die größte Gruppe am Arbeitsmarkt ausmacht:

Generation X: Loyal, leistungsbereit, (leicht) frustriert – die vergessene Generation am Arbeitsmarkt | New Work SE (new-work.se)

Lösungsansätze

Alle Generationen sind jetzt gefordert, konstruktiv mitzudenken, sich untereinander auszutauschen und gemeinsam passende nächste Schritte zu entwickeln. Höchste Zeit also für den öffentlichen Dienst, sich offen und positiv mit dem Generationskonflikt auseinanderzusetzen und mehr Zahlen, Daten & Fakten ins Boot zu holen!

Es geht einerseits darum, wie man die junge Generation Z für den öffentlichen Dienst gewinnen und begeistern kann, denn die „Digital Natives 2.0“ bringen viel Potenzial und wichtige Future Skills mit. Gleichzeitig müssen dringend Modelle entwickelt werden, die mittleren Generationen zu halten und langfristig zu binden, z. B. durch gezieltes Wissens-, Kompetenz- und Talentmanagement.

Also lassen wir das Klagen und Schimpfen über die Generation Z endlich hinter uns. Das ist so alt wie unsere Geschichte, wie folgendes Zitat schön illustriert, das überwiegend dem griechischen Philosophen Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) zugeschrieben wird:

„Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. 
Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.“

Wenn es um Personalgewinnung und -bindung geht, gibt es weitaus bessere Strategien!

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Unser Seminartipp zum Thema

Generation Z – Segen oder Fluch? - Fakten, Handlungsfelder & Perspektiven für den ÖD

Kress

Dr. Susanne Kress

Geschäftsführerin PIW

(Artikel erstellt am 07.11.2023)

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